Software as a Service - Verdrängen Cloud-Dienste die klassische Software?

Software as a Service: Verdrängen Cloud-Dienste die klassische Software?

„Ich brauche keinen Festplattenspeicher, wenn ich schneller auf einen zentralen Server zugreifen kann … Nicht-integrierte Geräte mit sich herumzutragen, ist vergleichsweise altertümlich“, so Steve Jobs 1997 gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Forbes.

Was damals noch visionär klang, ist heute vielfach Realität: Cloud Computing zählt zweifelsohne zu den bedeutendsten Trends der Digitalisierung. Was aber steckt hinter diesem Schlagwort? Was sind die Vor- und Nachteile, und warum verändert Cloud Computing unsere Welt?

„Cloud“ bedeutet nichts anderes, als dass die Daten und die dazugehörige Software zur Verarbeitung zentral zugänglich über das Internet verfügbar sind. Der entscheidende Vorteil ist, dass man – je nach Zugang – von überall und über jedes Gerät darauf zugreifen kann und die Software nicht mehr lokal auf dem eigenen Rechner installieren muss. Dies verschafft den Nutzern jederzeit Zugang zu Daten und Anwendungen. Cloud Computing ist also wesentlich mehr als das bloße Hochladen von Bildern auf einen Online-Speicher.

Software as a Service als Krone der Cloud

Cloud-Dienstleistungen finden auf verschiedenen Ebenen statt. Grundsätzlich unterteilt man beim Cloud Computing folgende drei Schichten:

  • Infrastructure as a Service (IaaS)
  • Platform as a Service (PaaS)
  • Software as a Service (SaaS)
Cloud Computing - Drei-Schichten-Modell

Abbildung 1: Cloud Computing, Drei-Schichten-Modell

Auf den unteren beiden Schichten wird die sogenannte Infrastruktur (Hardware wie Server etc.) bzw. eine Plattform (verschiedene Software-Applikationen, die miteinander verbunden sind) bereitgestellt, auf deren Basis Software für Endkunden, also SaaS, angeboten werden kann. Während Infrastruktur- und Plattformservices eher auf Firmenebene angeboten werden, begegnen den meisten von uns hauptsächliche SaaS-Dienstleister – und das deutlich häufiger, als wir manchmal meinen.

Beispielsweise gehören nahezu alle Handy-Apps zu SaaS. Aber auch Angebote wie Autoscout oder Facebook. Der Anbieter entwickelt seine Software zentral für den Endkunden und stellt diese über das Internet als Dienstleistung zur Verfügung. Services dieser Art zeichnen sich dadurch aus, dass sie hochskalierbar (mehr dazu unten) und mandantenfähig sind. Darunter versteht man, dass die Applikation von vielen Nutzern gleichzeitig verwendet werden kann, ohne dass man die Software dafür jeweils neu einrichten oder konfigurieren muss. Nur so konnten Unternehmen wie Facebook oder myTaxi in wenigen Jahren Millionen von Nutzern gewinnen.

Wie Leasing statt Autokauf: Bei SaaS wird nur die Nutzung bezahlt

Bezüglich der Bezahlung für eine „Software als“-Dienstleistung gibt es verschiedene Definitionen. SaaS wird üblicherweise über die Nutzung vergütet. Dazu gibt es unterschiedliche monetäre Modelle: z. B. Abos auf monatlicher Basis oder Pay-per-Use wie bei myTaxi. Also analog zum Auto-Leasing: Ohne das Auto selbst zu besitzen, darf man es innerhalb vertraglicher Bestimmungen wie Laufzeit, maximale Kilometeranzahl usw. nutzen und bezahlt auch lediglich für die Nutzung.

Viele SaaS-Angebote werden allerdings auch kostenfrei zur Verfügung gestellt; die Vergütung erfolgt dabei in nicht-monetärer Weise über die Hergabe von Daten (z. B. bei Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken).

Vor- und Nachteile von SaaS

Nun stellt sich für Endkunden wie Unternehmen und Organisationen sowie Vereinen, Verbänden, Privatnutzern etc. die Frage: Lieber eine eigene Software entwickeln (lassen), „Software als“-Dienstleistung nutzen oder ein fertiges Produkt kaufen? Wie kann ich Vor- und Nachteile strukturiert bewerten? Hier ein paar Beispiele:

1. Entwicklungskosten: Ist ein passendes SaaS-Angebot verfügbar, das zu meinem Bedarf passt, wird dieses immer günstiger sein als ein eigenes Software-Projekt. Über alle Industrien hinweg wird von 30 bis 60 Prozent Kostenersparnis gegenüber einer Eigenentwicklung ausgegangen. Dies liegt daran, dass die vergleichsweise hohen Entwicklungskosten auf viele Schultern (nämlich aller Nutzer) verteilt werden. Im Gegensatz zur Eigenentwicklung, wo die Kosten meist nur einer trägt. Die Risiken bei der Software-Entwicklung liegen außerdem beim Anbieter.

2. Wartungskosten und Aktualisierung: Ein weiterer Vorteil von SaaS ist darin zu sehen, dass die Wartung der Software sowie deren Aktualisierung vom Anbieter übernommen werden. Dafür fallen üblicherweise keine zusätzlichen Kosten an. Ähnlich zum geleasten Auto: Wenn während der Zeit des Leasings eine Reparatur anfällt, trägt dafür das Autohaus und nicht der Kunde die Kosten. Oftmals bei der Software-Auswahl vernachlässigt, sind die Ersparnisse durch den verringerten Wartungs- und Aktualisierungsaufwand deutlich höher als die Ersparnisse durch die Entwicklungskosten.

3. Individualisierbarkeit: Das Kosteneinsparungspotenzial geht allerdings „auf Kosten“ der Individualisierbarkeit. Da SaaS als Standardanwendung entwickelt wird, ist weniger Individualität gegeben als bei einer Software-Eigenentwicklung. Die Software für sehr spezielle Kundenwünsche zu programmieren, lohnt sich für den SaaS-Anbieter meist nicht. Jedoch ist davon auszugehen, dass die zunehmende Breite des Marktangebots künftig für jedermann passgenaue Cloud-Services vorhalten wird.

4. Abhängigkeit: Manche Nutzer fürchten die Abhängigkeit gegenüber dem SaaS-Anbieter. Gerade aus Unternehmersicht wollen viele eine zu starke Abhängigkeit vermeiden, um künftige Handlungsspielräume bei der Wahl der verwendeten Software nicht zu verlieren. Andererseits ist die Abhängigkeit vom Hersteller bei einer Eigenentwicklung im Vergleich noch größer. Es ist empfehlenswert, darauf zu achten, dass der SaaS-Anbieter gängige Dateiformate verwendet und vor allem auch Schnittstellen zu dritten Applikationen ermöglicht.

5. Skalierbarkeit: SaaS gilt als hochskalierbar. Das Leistungsspektrum lässt sich somit beliebig erweitern, da rein für die Nutzung bezahlt wird. Immer mehr Anbieter entwickeln ihre Systeme gleich von vornherein flexibel, um breitere Applikationen aber auch Nutzerzahlen abbilden zu können. Bei einer Software-Eigenentwicklung und Nutzung von eigener Hardware muss auch diese – oftmals unter hohen Kosten – entsprechend eingekauft werden.

6. Datensicherheit: Gerade bei personenbezogenen oder unternehmenskritischen Daten spielt Datenschutz eine große Rolle: Ein Cloud-Server bietet ein potenzielles Angriffsziel von Hackern, um an sensible Daten zu gelangen. Aber auch SaaS-Anbieter wissen, dass Vertrauen in die Datensicherheit ihre Geschäftsgrundlage darstellt. Deshalb verschlüsseln seriöse SaaS-Anbieter alle Daten auf geschützten Servern (am besten im Inland) und bauen eine wirksame Firewall auf. Häufig können SaaS-Anbieter durch ihre Spezialisierung bessere Datensicherheit bieten als eigene lokale Server ohne spezifische Schutzmaßnahmen. (Mehr zum Thema „Datenschutz und Datensicherheit“ findest du hier.)

7. Privatsphäre: Was wird aus den Daten, und wie kann ich selbst entscheiden, wer darauf Zugriff hat? Privatsphäre-Präferenzen selbst bestimmen zu können, wird immer wichtiger und ab 2016 auch von der EU vorgeschrieben (General Data Protection Regulation Law). Das bedeutet, dass insbesondere Organisationen, die Kunden- oder Nutzerdaten von Dritten verwalten (Versicherungen, Banken, Vereine, Verbände etc.) umdenken müssen und ihren Nutzern die Möglichkeit geben müssen, eigene Privatsphäre-Präferenzen bestimmen zu können. Erste SaaS-Anbieter reagieren bereits und erweitern ihre System um diese Funktionalität. Es wird lange dauern, bis alle existierenden Eigenentwicklungen nachgezogen haben.

SaaS wird schon heute vielfach verwendet

Den Nutzungsmöglichkeiten von SaaS sind im Grunde keine Grenzen gesetzt. Alles, was im Netz automatisiert werden kann, wird irgendwann auch automatisiert sein. Zwar stehen wir heute noch am Anfang, aber bereits jetzt wird SaaS vielfach verwendet. Einfache Anwendungen wie die bloße Bereitstellung von Speicherkapazitäten und automatische Synchronisierung mit mehreren Geräten sind durch iCloud, Dropbox, Google Drive etc. längst verwirklicht. Darüber erschien auf ZIELBAR bereits ein Artikel. Das berühmte „Internet-der-Dinge“ ist der nächste Schritt: Viele Handgriffe im Alltag werden umgestellt. Taxi bestellen, Wohnung anmieten, Handwerker, Urlaub oder Veranstaltungen buchen. All das ist bzw. wird in Zukunft nur noch vollautomatisch im Netz und mobil möglich sein. Fax, Telefon und Excel haben ausgedient.

Anwendungsbeispiel aus dem Veranstaltungsmanagement

Sehr gut veranschaulichen lässt sich der Einsatz von Cloud-Software am Beispiel „Veranstaltungsmanagement“. So nutzen viele Eventplaner Cloud-Software heute zur Organisation von Veranstaltungen. Eigens dafür vorgesehene Veranstaltungssoftware bietet dazu eine Vielzahl von Möglichkeiten.

  • Jedwede Art von Veranstaltung, sei es eine Tagung, ein Seminar oder eine Privatveranstaltung, kann heute leicht aus dem Internet heraus organisiert, vermarktet und verwaltet werden.
  • Je nach Veranstaltungsart lässt sich im Netz ein geeigneter Anbieter auswählen und mit Hilfe einer E-Mail-Adresse ein Account anlegen (die E-Mail ist bei SaaS-Anbietern das entscheidende Identifikationsmerkmal, da diese eindeutig zugeordnet werden kann).
  • Nach Anlegen eines Accounts kann eine Veranstaltung problemlos mit Datum, Ort, Beschreibung etc. angelegt werden.
  • Der Veranstalter legt Ticketanzahl, Ticketkategorien und Stornobedingungen fest und kann seine Veranstaltung problemlos als Widget in die eigene Homepage oder ein Facebookevent integrieren.
    Mit der Veranstaltungssoftware werden alle Möglichkeiten zum E-Payment bereitgestellt (PayPal, Kreditkarte, Überweisung usw.). Auch Stornoprozesse finden automatisiert statt. Tickets werden bei der Buchung per E-Mail versandt und sind QR-kodiert.
  • Der Veranstalter kann online jederzeit Buchungslisten einsehen oder verfolgen, wer und wie viele sich gerade auf seiner Veranstaltung befinden. Der Check-in bei der Veranstaltung kann über QR-Scanner mit Smartphones schnell und effizient gestaltet werden.
  • Typisches SaaS-Merkmal: deutliche Kosteneinsparung. Die Kosten werden pro Buchung – also wieder nutzungsabhängig – berechnet. Somit entstehen für den Veranstalter keine Fixkosten.
  • Integration: Je nach Bedarf können auch weitere SaaS-Angebote integriert werden (anbieterabhängig). Z. B. E-Mail-Kampagnen, Umfragen unter Teilnehmern, Kontaktverwaltung etc.

Cloud Computing als Möglichkeit zum Outsourcing

Dieses Beispiel zeigt, dass durch SaaS ganze Geschäftsbereiche kostengünstig ausgelagert werden können – in diesem Fall sind das Buchung, Bezahlung, Ticketerstellung, Stornierung und das Einlassmanagement. Der Fokus des Veranstalters kann sich nunmehr ganz auf sein zentrales Angebot richten. Ganz generell schafft SaaS die Möglichkeit, ob für Unternehmen, Vereine, Verbände oder Privatleute, gewisse Teile der IT durch Nutzung von eigens dafür entwickelter Software extern erledigen zu lassen. Somit kann die IT weiterhin Geschäftsprozesse unterstützen, ohne selbst großen Mehraufwand zu verursachen.

Der Trend geht hin zu Cloud Solutions

Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass Cloud Computing mehr und mehr klassische Software ablöst, weil die Anforderungen an moderne IT so hoch sind, dass sich eine Eigenentwicklung nur noch für sehr wenige Anwender lohnt und Lizenzmodelle für Nutzer zu unflexibel sind. Aktuelle Studien besagen, dass schon in zehn Jahren Cloud Computing rund 100 Mrd. Euro zum deutschen Bruttoinlandsprodukt beitragen wird.

Und in welchen Bereichen nutzt du Cloud Computing? Gut möglich, dass du bis zur Lektüre dieses Beitrags noch gar nicht groß drüber nachgedacht hast, oder …?
Software as a Service: Verdrängen Cloud-Dienste die klassische Software?
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Michael Liebmann

Michael Liebmann

Dr. Michael Liebmann ist Gründer und Geschäftsführer der viovendi GmbH. Er promovierte an der Uni Freiburg im Bereich Big Data und Digitalisierung mit Schwerpunkt auf KI und war zuvor Unternehmensberater und Projektmanager bei Bain & Company.

3 Reaktionen zu “Software as a Service: Verdrängen Cloud-Dienste die klassische Software?”

  1. Sabienes

    Was für mich hier sehr anstrengend ist, wenn Anbieter ihre Software nur noch über eine Cloud anbieten und keine Alternative auf CD anbieten. Ich will als Nutzer die Möglichkeit der Wahl haben.
    Sabienes

    Antworten
  2. Andreas Rieser

    @Michael Liebmann: was aktuell niemand bedenkt ist das Cloud-Anwendungen dazu führen das immer mehr Daten transferiert werden. Bedeutet hochwertige Anbindung ans Internet und Absicherung.

    Ich meine daher: für Unternehmen und in sensiblen Bereichen ist die Cloud als Ergänzung zu sehen. Besonders zur Kosteneinsparung bei Anschaffungen und dank der Flexibilität der Cloud werden sich in Zukunft Hybrid-Systeme noch stärker etablieren.

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  3. Martin

    100 Mrd. Euro soll Cloud Computing in 10 Jahren zum dt. BIP beitragen? Bin gespannt, ob sich diese Zahl bestätigt.

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